
Torgelow News
Zeitzeugengespräch mit Maik Torfstecher
Zwei Männer auf dem Weg nach Westberlin – eigentlich nichts Besonderes, sollte man meinen, aber damals gab es die Berliner Mauer. Nur selten gelang eine solche Flucht. Doch Maik Torfstecher schaffte es. Heute lebt er wieder in Mecklenburg-Vorpommern und er erzählte uns als geschichtlicher Zeitzeuge am 26.06.2025 von seiner Flucht.
Seine Geschichte begann er mit einer sorglosen, glücklichen Kindheit in der DDR. Später, während seiner Zeit als Tischler, erkannte er zunehmend die Probleme und Unfreiheiten in der DDR. Dazu gehörte vor allem die Mangelwirtschaft, deren Folge für Maik Torfstecher eine erzwungene Beschäftigungslosigkeit war, wodurch der junge Mann zunehmend dem Alkohol verfiel. Ein Teufelskreis, aus dem ihm als einziger Ausweg die Flucht blieb.
Es war das Jahr 1988 – ein Jahr vor dem Mauerfall. Zusammen mit 2 Freunden fuhr er dicht an eine ganz bestimmte Stelle an der Grenze zwischen Ost- und Westberlin. Dort gab es morastiges Gelände, wo der Grenzstreifen dünner und somit leichter zu überqueren war.
Gebannt hörten alle im Raum auf Schloss Torgelow zu. Herr Torfstecher berichtete, wie er und sein Freund Jürgen beinahe erschossen wurden. So sei es nur ein Glück gewesen, dass sie überlebt hatten. Die lebendige Erzählung machte einen intensiven Eindruck auf uns. Herr Torfstecher konnte Gefühle von Angst und Ungewissheit gut vermitteln.
Um ein besseres Verständnis über den Aufbau der Berliner Mauer zu erhalten, erläuterte er diesen ebenfalls. Die „Mauer“ bestand nicht ausschließlich aus einer Betonwand, wie zu vermuten wäre, sondern es gab auch Zäune, Wachtürme, den Todesstreifen sowie andere Befestigungsanlagen. Herr Torfstecher und sein Freund hatten sich unter einem Signalzaun, der bei einer einzigen Bewegung einen stillen Alarm auslösen konnte, eingegraben. Sie kämpften sich vorwärts, um dann dennoch von Grenzern entdeckt zu werden. Diese schossen jedoch nicht, sodass Herr Torfstecher und sein Freund an einem Tor die eigentliche Berliner Mauer erklimmen konnten und so flohen. Ein spannender Bericht, den er mithilfe seines Buches und eines Erklärvideos unterstützte.
Jedoch war das noch nicht das Ende seiner Geschichte. In Westberlin mussten beide Geflohenen beweisen, kein Mitglied der Stasi zu sein. Daher warteten sie erst in Berlin, danach wurden sie Befragungen unterzogen. Anschließend machte Maik Torfstecher Station in Hannover.
Immer wieder wurden Zwischenfragen zum Hintergrund seiner Flucht und seiner Freundschaft gestellt, keine blieb unbeantwortet. Die Zeit verging in diesen interessanten eineinhalb Stunden wie im Fluge und viele Erkenntnisse konnten mitgenommen werden.
Wir richten ein herzliches Dankeschön an Maik Torfstecher für seine Arbeit und Mühen sowie an die Konrad-Adenauer-Stiftung, die diesen Tag ermöglichte. Genauso geht jedoch auch der Dank an Frau Petri, Herrn Träger und Herrn Thor Straten, die verantwortlich für die Organisation waren.
(Bericht von Anja aus der zehnten Klasse)